Gemeinschaft: gefühlt, gelebt

Bericht, Bewohner*innen, Martin Goray, Salons

Alles war bereitgestellt und hergerichtet, der alte Therma-Herd, die Äpfel, das Mehl und der Zucker. Im Obergeschoss leuchteten die Fotos von den Leuchtwänden. Die Butter, welche vergessen ging, wurde bereits von einer Nachbarin aus ihrer Küche geholt, doch der Therma-Herd wollte nicht, die Sicherung viel raus, das Licht war weg. Martin Goray, der erste Bewohner des Experimenthauses, konnte sich auf die Nachbarn verlassen, so wurde kurzerhand eine neue Sicherung aufgetrieben und alles wieder hergerichtet – der zweite Salon konnte beginnen.

Bereits diese erste Episode führte den Anwesenden vor Augen, hier im Neubühl gibt es eine gut funktionierende Gemeinschaft. Doch, was macht sie aus? Wer ist Teil davon? Was ist Gemeinschaft generell? Wie wird sie gelebt? Diesen und weiteren Fragen ging Martin in der nächsten Stunde nach. Er führte die anwesenden Nachbarn, Freunde und SWBler ins Jahre 1938 und liess sie über einen umstrittenen Entscheid des Vorstandes zur Nicht-Vergabe einer Wohnung debattieren und schlussendlich abstimmen.

Dann erläuterte er anhand von Roland Barthes „Wie zusammenleben“ die Theorie des „Idiorythmus“. Darin wird die Gemeinschaft als eine Form eingeschränkten Zusammenlebens in Gruppen, das die Freiheit des Individuums dennoch nicht ausschliessen soll, dargestellt. Oder anders formuliert, erst die Möglichkeit seinen eigenen „Idiorythmus“ zu leben, ermöglicht das Zusammenkommen als Gemeinschaft. Diese Argumentation führte zu einer lebhaften Diskussion der räumlichen Gegebenheiten im Neubühl, welche einen Rückzug oder eine Privatheit ermöglichen respektive eine Gemeinschaft fördern. Neben dem Argument der städtebaulichen Setzung (Querriegel zur Strasse) spielten die architektonischen Qualitäten der Durchsicht und räumlichen Nähe eine wichtige Rolle. In der Diskussion wurde auch die Aussensicht – wie wird das Neubühl von einem „Fremden“ wahrgenommen? – thematisiert und dabei traten unterschiedlichste Wahrnehmungen zu Tage.

Lebhafte Diskussionen unter den Anwesenden

Beim anschliessenden Apéro studierte man die Resultate der Nachbarschaftsumfrage zum Thema Gemeinschaft und diskutierte die einzelnen Statements der Teilnehmer. Im Obergeschoss wartete die Fotoausstellung mit hinterleuchteten Bildern des Neubühls – von der Baustelle bis zum Quartierfest. Anhand eines Begriffes wie z.B. Autarkie wurde auf eine Besonderheit des Neubühls zu dieser Zeit hingewiesen

Und obwohl der Gemeinschaftskuchen nie gebacken wurde, so war doch für einige Stunden eine kleine Salon-Gemeinschaft entstanden.

Das Elternschlafzimmer wurde zum Setting einer magischen Fotopräsentation aus dem Alltag und den Festen im Neubühl.

Fotos: Reto Gadola

1 Kommentar

  1. Sandra König

    Wie schade, dass ich beim 2. Salon nicht dabei sein konnte! Es klingt hochinteressant und ist bei all den neuen Wohnformen, die entstehen, ein aktuelles Thema.
    Vielen Dank auch an Martin für die gute Themenwahl und die sorgfältige Vorbereitung

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