Betten sonnen

Allgemein, Bericht, Hausgeschichte

Louis Frölicher, ein Bewohner der Siedlung, brachte beim letzten Salon ein Landschaftsbild aus den 1930er-Jahren mit. Dieses weist eine beeindruckende Fülle von Details auf und lädt zu Entdeckungen ein.

Frühsommer im Jahr 1933, die Siedlung Neubühl ist nicht mehr von Gerüsten umstellt und die Häuser sind bewohnbar, noch sind aber nicht alle vermietet. Die Neubühl-Frauen haben Wäscheleinen am Storengestänge befestigt. Windeln und Bettlaken trocknen an der Sonne. Wo wurden sie wohl gewaschen? Im neuen Waschautomaten? Im kupfernen Waschtrog in der gemeinsamen Waschküche? Oder gar in der Badewanne?

Luft und Sonne strömen durch die offenen Fenster. Es ist Mittagszeit – zu heiss für ein Sonnenbad auf den Dächern. In den Dreizimmer-Häusern sitzt hier und dort eine Person vor den grossen Schiebefenstern im Schatten des auskragenden Obergeschosses. Die blau-weissen Sonnenstoren sind zwar montiert, werden aber nur punktuell benutzt. Kein Verkehrslärm, nur Vogelgezwitscher.

Im Garten eines Hauses meint man ein Bett zu erkennen. Bei genauerem Hinsehen entpuppt es sich jedoch als Kleintierstall, der mit einem weissen Tuch abgedeckt wurde. Werden da etwa Kaninchen gehalten, um den Speiseplan mit Fleisch aufzubessern?

Auf dem Feldweg, der später einmal zum Autobahnzubringer Zwängiweg wird, läuft eine Frau schnellen Schrittes mit einem Kratten auf dem Rücken vorbei. Sie hat kein Auge für den Schafunterstand und die Gemüsebeete, die bald der Überbauung von William Dunkel weichen werden. Im Hintergrund erhebt sich der Üetliberg, die neu erbauten Häuser am Entlisberg bilden Reihen entlang den Strassen und markant – wie Ausrufezeichen in der Landschaft – steht eine Reihe Pappeln beim Seewasserwerk Moos.

Blick aufs Neubühl von Südosten her. Das Experimenthaus an der Westbühlstrasse 59 ist das erste Haus ganz rechts in der zweiten Zeile. Aufnahme um 1933.

Abbildung: Privatarchiv